Mail aus der Schweizergarde

Sandro Besmer, Mitglied unserer Kirchgemeinde, ist in den Dienst der Schweizergarde eingetreten. In unregelmässigen Abständen berichtet er über sein Leben in Rom und im Dienst von Papst Franziskus.


Rückblick 2022/23

Als Mitglied der Päpstlichen Schweizergarde hatte ich während den nun schon 3 Jahren das Privileg, eine ereignisreiche Zeit zu erleben, die von bedeutenden Ereignissen geprägt war. In meinem persönlichen Rückblick möchte ich gerne über vier Hauptthemen sprechen: die Aufhebung der Corona-Maßnahmen, den Tod von Papst Benedikt XVI, meine Auszeichnung mit dem Benemerenti-Orden am 6. Mai 2023 anlässlich der Vereidigung und schließlich meine Beförderung zum Vizekorporal.

Die Aufhebung der Corona-Maßnahmen markierte einen entscheidenden Wendepunkt für uns alle. Nach Monaten der Einschränkungen und des Selbstschutzes mit den lästigen Masken, war es ein erhebendes Gefühl, als Italien und somit mitziehend auch der Vatikanstaat aufgrund der stabil eingeschätzten Lage entschieden, die strengen Maßnahmen zu lockern. Die Normalisierung des Alltagslebens brachte eine neue Dynamik und positive Zuversicht in unsere Dienste.

Ein einschneidendes Ereignis, welches mich während meiner Zeit in der Garde unter anderem berührte, war der Tod von Papst Benedikt XVI. Am 31.12.2022 verliess uns dieser bescheidene und gelehrte Pontifex. Seit seinem Rücktritt lebte er weiter in einer schönen Behausung in den Vatikanischen Gärten. Er erfreute sich jedes Jahr über unsere Glückwünsche zu seinem Geburtstag. Nicht zu vergessen die weihnachtlichen Aufführungen unserer ‘Banda della Guardia’ im Garten vor seinem Hause.

Als Schweizergarde hatten wir die Ehre, an den Zeremonien teilzunehmen, die seinen Abschied begleiteten. Es waren emotionale Momente, in dem wir unsere Wertschätzung für seinen Dienst ausdrückten und gleichzeitig die Verantwortung spürten, in Zukunft weiterhin entschlossen unseren Beitrag im Sicherheitsdienst zugunsten des Pontifex zu sichern.

3 Tage lang leisteten wir rund um die Uhr Ehrendienst beim Hauptaltar im Petersdom bzw. die sogenannte «Totenwache» wo immer zwei Gardisten mit Helm und Hellebarde während der Dauer von jeweils 1 Stunde neben seinen sterblichen Überresten gewacht haben. Die letzte Nacht vor seiner Beisetzung kam diese Ehre mir sowie einiger meiner Kameraden zu. Es war schwierig mitten in der Nacht ganz ruhig zu stehen, da die dienstintensiven Tagen an den Kräften gezehrt hatten. Frühmorgens um 06:00 Uhr, nach Beendigung unseres Ehrendienstes, ruhten wir für wenige Stunden aus, damit wir anschliessend bei der Beisetzung auf dem Petersplatz dabei sein konnten. Nebst vielen Persönlichkeiten waren auch der Deutsche Bundeskanzler zugegen. Es war eine sehr würdige Abschiedszeremonie. Seine Exzellenz Erzbischof Georg Gänswein der für Papst Benedikt XVI seit seinem Rücktritt sorgte, begleitete ihn stets auch nach seinem Tod. Ich erinnere mich, dass er stundenlang jeden Tag und in der Nacht bei seinem Leichnam wachte und betete. Es war für uns natürlich eine einzigartige Erfahrung, welche auch nicht jeder Gardist machen kann.

Am 6. Mai 2023 wurde mir eine außergewöhnliche Ehre zuteil, als ich den prestigeträchtigen Benemerenti-Orden verliehen bekam. Diese Auszeichnung wird für besondere Verdienste und Dienste für die Kirche vergeben. Als Mitglied der Garde erhält man diese Auszeichnung nach 3 Jahren und als Laie, wenn man beispielsweise in der Sakristei mithilft oder im Kirchenchor mitwirkt, nach 25 Jahren.
Es war eine eindrückliche Erfahrung, diese Anerkennung zu erhalten und eine Bestätigung meines Dienstes als Mitglied der Garde. Es erfüllte mich mit Stolz und ermutigte mich, weiterhin mein Bestes zu geben.

Schließlich gab es in meiner Zeit bei der Päpstlichen Schweizergarde einen weiteren Meilenstein in meiner Karriere - meine Beförderung zum Vizekorporal. Diese Beförderung war eine Belohnung für meine Ausdauer, Loyalität und meiner Qualifikationen als Mitglied der Garde. Es war ein Moment der persönlichen Freude und Wertschätzung, verbunden mit dem Bewusstsein, nun etwas mehr Verantwortung übertragen erhalten zu haben. Als ich von der Beförderung erfuhr, war ich im Heimaturlaub und freute mich um so mehr diese Neuigkeiten direkt mit der Familie zu teilen.

Insgesamt war meine Zeit in der Päpstlichen Schweizergarde bis jetzt eine unvergessliche Reise. Von den Herausforderungen der Corona-Pandemie bis hin zu bedeutsamen Ereignissen wie dem Tod von Papst Benedikt XVI, der Auszeichnung mit dem Benemerenti-Orden und meiner Beförderung zum Vizekorporal - all diese Erfahrungen haben mich geprägt und mir die Bedeutung meiner Rolle als Mitglied dieses historischen Korps vor Augen geführt. Ich bin dankbar für die Gelegenheit, Teil dieser bemerkenswerten Gemeinschaft zu sein und werde die Erinnerungen und Lektionen, die ich während meiner Zeit in der Garde gesammelt habe, für immer in meinem Herzen tragen. Ich werde sehen, wohin mich mein Weg bringen wird aber für den Moment fühle ich mich in Rom zu Hause.


Juni 2021

Die Vereidigung 2021

Am 6. Mai war es nun endlich soweit. Meine Vereidigung stand kurz bevor. Bereits Anfang April starteten wir mit den Vorbereitungen. Diese beinhalteten Exerzieren im Harnisch, wo wir die Abläufe übten und uns nach und nach an den schweren Panzer gewöhnten. Zudem hatten wir einige Lektionen beim Gardekaplan besucht, welcher uns mental auf den “Schwur”, welchen wir ablegen werden, vorbereitet. Die Vereidigung haben wir logischerweise im Vorfeld geübt bis unsere Instruktoren zufrieden waren.

Ich wusste genau was ich schwören würde. Wir haben das so oft geübt, bis der Schwur für die Vereidigung sitzte. Ich würde sagen mir war absolut bewusst, was es bedeutet diesen Schwur zu leisten bereits bevor ich an der Fahne gestanden bin. Als dann der 6. Mai da war, war ich vor allem nervös, sodann mein Name aufgerufen wurde, wusste ich jetzt gilt es ernst. Beim Gang an die Fahne dachte ich «Jetzt nur keinen Fehler machen, du weisst wie es funktioniert» und siehe da, all das Üben hat sich gelohnt. Es lief perfekt. Nachdem ich wieder in der Reihe stand, hatte ich ein unglaubliches Gefühl der Erleichterung, diesen schon lange herbeigefieberten Tag mit Erfolg gemeistert zu haben. Nach der Vereidigung durften wir alle einen genüssliche Apéro geniessen und viele schöne Erinnerungsfotos knipsen. An diesem Tag war auch unser Bundespräsident Guy Parmelin dabei, was für uns zu einem noch unvergesslicheren Tag beitrug. Der nächste Tag war geprägt von leicht schmerzenden Schultern und einer bereits wieder eingekehrten Normalität. Viele meiner neu vereidigten Kameraden kehrten bereits wieder in den regulären Dienst zurück. Ich jedoch durfte diesen Tag noch mit meiner Schwester verbringen bevor auch ich am Folgetag meinen Dienst wieder aufnahm. Wir reflektierten den 6. Mai anhand von Fotos und Videoaufnahmen und ich merkte, dass meine Schwester sehr stolz auf mich

Während der heiligen Messe am Morgen des 6. Mai, in der Basilika, schien die Sonne an das rundförmige Fenster in der Kathedra. Welches aus einem grossen Mosaik mit einer weissen Taube in der Mitte gemacht ist. Das Fenster war so erhellt, dass die Taube nicht mehr zu sehen war. Genau in diesem Moment flog ein Vogel, ausserhalb des Fensters vorbei. Der Schatten des Vogels war in diesem Augenblick direkt in der Mitte des Mosaiks zu sehen wo sich die weisse Taube befindet. Ich war für einen kurzen Moment wie erstarrt. Nach der Messe sprach mich meine Schwester sowie ein paar meiner Kameraden darauf an. Nicht alle haben dies gesehen aber jene die es taten sahen darin ein Zeichen, dass Gott an diesem Tag bei uns war.

Liebe Grüsse aus dem Vatikan ins schöne Zürcher Oberland.

Sandro Besmer


März 2021

Meine ersten Monate im Dienst

Seit bereits einem halben Jahr bin ich im Dienst für den Papst. Immer wieder durfte ich interessante und bleibende neue Erfahrungen machen. Ich erinnere mich an den Empfang des diplomatischen Korps des Vatikans, wo ich einen sogenannten «Verstelldienst» leisten durfte. (Ein Verstelldienst ist ein zusätzlicher Dienst zum geplanten Dienst). Da standen wir also zu elft in Formation, mit Helm, Hellebarde, weissen Handschuhen und frisch polierten Schwertern. Es war ein ehrenvoller Dienst den wir für Papst Franziskus leisten durften. Denn die Schweizergarde ist ja auch gewissermassen die Visitenkarte des Papstes. Beim Weggang des diplomatischen Korps stellte sich der Heilige Vater spontan zu uns, um einige Erinnerungsfotos knipsen zu lassen. Das war für uns das Highlight des Tages.

Eine weitere für mich bleibende Begegnung war die Folgende: Im ordentlichen Dienst stand ich für den Papst Spalier vor seinem persönlichen Aufzug im apostolischen Palast. Es war kurz vor Mittag, da fragte er mich, was es bei uns zum Mittagessen gäbe. Ich meinte, ich lasse mich überraschen. Darauf erwiderte er, er freue sich auf das Mittagessen, welches die Schwestern für ihn kochen. Am meisten aber freue er sich auf die Nachspeise, da diese nicht in den Magen, sondern direkt zum Herzen gehe. Mit einem Schmunzeln im Gesicht verabschiedeten wir uns sogleich.

Anfang des Jahres waren meine Mutter und meine Schwester zu Besuch. Mit Ihnen konnte ich eine Führung im kleineren Rahmen quer durch den Vatikan machen. Allerdings sehr beschränkt aufgrund der aktuellen Lage. Diese weltweite Pandemie ist auch hier in Rom stark spürbar. Latium ist aktuell wieder als rote Zone eingestuft worden, da die Fallzahlen der Coronainfizierten stark angestiegen sind. Dies wird voraussichtlich noch bis nach Ostern so bleiben. Wir dürfen den Vatikan nur noch für wichtige Angelegenheiten verlassen. In dieser Zeit merkt man, wie wichtig eine gute Kameradschaft ist in der Garde. Es funktioniert sehr gut. Wir unterstützen einander falls nötig und motivieren einander. Auch diese Zeit wird einmal vorbei sein. Wir dürfen stolz darauf sein, auf unseren Dienst für den Papst und die katholische Kirche auch in diesen schwierigen Zeiten. Bald beginnen bereits die ersten Vorbereitungen für die jährliche Vereidigung am 6. Mai. Den Schwur an der Fahne zu leisten wird für mich einer der wichtigsten Meilensteine meiner Zeit in der Schweizergarde sein. 

Beste Grüsse aus dem Vatikan.
Sandro Besmer


Dezember 2020

Zuerst die RS, dann die Ehre mit dem Papst

Im September startete die Rekrutenschule in Rom. Dort verbrachte ich gemeinsam mit 14 weiteren Rekruten die ersten vier Wochen. Das Programm war intensiv und sehr lehrreich. Es bestand aus einem Mix von praktischen und theoretischen Ausbildungen. Ein Grossteil bestand aus dem sogenannten «Exerzieren», wo wir den Umgang mit der Hellebarde erlernten, sowie das Marschieren und Verhalten in Uniform. Weiter mussten wir uns theoretisches Wissen für den Dienst aneignen. Dies beinhaltete unter anderem Personenkenntnisse und die Kenntnisse aller verschiedenen Örtlichkeiten im Vatikan. Am Ende jeder Woche wurde dieses Wissen mit einem Wochentest geprüft. Am Ende der vierten Woche legten wir alle erfolgreich die Abschlussprüfung des RS-Teils in Rom ab.

Der Oktober war der taktischen Ausbildung des Dienstes gewidmet. Wir hatten das Privileg, in diesem Monat mit der Tessiner Kantonalpolizei zu arbeiten. Schiessen, persönliche Verteidigung sowie taktisches Verhalten wurden gelernt und ausgeübt. Wir haben auch theoretische Begriffe über Kommunikation, Recht oder Psychologie erhalten. Trotz der komplizierten gesundheitlichen Bedingungen haben wir es geschafft, unsere Ausbildung in Isone abzuschliessen.

Am 27. Oktober wurden wir zu Hellebardieren befördert und starteten bereits in den Dienst für den Heiligen Vater. Zu meinem Glück kam ich bereits einmal zu der Ehre, während des Dienstes Papst Franziskus die Hand zu schütteln. Das war eines der Highlights meiner Zeit bis jetzt. 

Liebe Grüsse aus Rom
Sandro Besmer